Früher, als der Mensch noch in Höhlen lebte, erkannte man den Anführer daran, daß er vor Gesundheit und Kraft nur so strotzte. Auch war er erfahren als Kämpfer und Jäger, kannte die besten Jagdgebiete und wußte, wo andere Gruppen von Menschen lebten. Außerdem war er potent und zeugte gesunde und kräftige Kinder. Wenn er aufstand, wurde es ruhig, alle blickten ihn an. Wenn er kam, teilten sich die Massen oder wenigstens gingen die zu Seite, die in seinem Weg standen. Er mußte nicht aggressiv darauf bestehen. Man tat es einfach, weil ihn die Aura des Alpha umströmte. Einen Streit konnte er schlichten, indem er dem Schwächeren klarmachte, schleunigst das Weite zu suchen und sich dann dem Stärken zuwandte und herausforderte, sich mit ihm zu messen. Er war loyal, entspannt und sich seiner selbst sicher, ohne großkopfert zu sein. Die Gruppe verehrte ihn als einen der ihren. Einen aus ihrer Mitte. Sein Wort galt schwer, jedoch hörte er auch den Alten zu, bevor er einen Entschluß faßte. Für ihn war jeder Einzelne der Gruppe für die Gruppe wichtig. Jeder wurde beschützt, jeder versorgt.
Ein Jeder schmückte sich mit den Jagdtrophäen, je erfolgreicher, desto größer der Schmuck.

Erst, als die Menschen begannen, nicht mehr die Rollen ausfüllen zu wollen, die die Natur ihnen zugedacht hatte. Als der Anführer nicht mehr der geborene Alpha war, sondern der, der am besten zu manipulieren und zu intrigieren wußte, wurde es notwendig, sich mehr und anders zu schmücken, zu kleiden, um die Defizite der Aura zu verdecken. Um andere klein wirken zu lassen, damit die eigene Macht nicht in Frage gestellt werden würde.

Das war die Geburtsstunde der Mode. Denn ist die Mode doch nichts anderes, als der Versuch weniger sich von der Masse abzuheben, um ihnen weis zu machen, sie stünden weit über ihnen.

Jahrtausende der Mode haben ihre Spuren in unseren Seelen hinterlassen. Wir sind empfänglich für das Rare, das Kostbare geworden. Und diejenigen, die sich mit Rarem und Kostbaren behängen und umhüllen, sehen wir inzwischen gerne als unsere Anführer. Titel sind wichtiger geworden als die uns umgebende Aura. Der Wert eines Menschen korreliert mit dem Wert seiner Kleidung, seiner Besitztümer.

So hören wir lieber den Menschen zu, die einen wohlklingenden Beruf haben und schicke Sachen tragen, ein tolles Auto fahren und sich jährlich drei Urlaube leisten, statt denen, deren Worte mehr Substanz statt Rhetorik haben. Denen, die uns wirklich weiterhelfen und nicht nur sich selbst darstellen wollen. Denen, deren Aura ihnen einen ganz anderen Platz zuteilt, als die Gesellschaft, die Mode ihnen zugesteht.

Denn die Aura kümmert sich nicht um die Mode, Rang oder Titel. Sie durchdringt den Menschen als Individuum und läßt seinen Geist unabhängig sein. Unabhängig von Mode und Gesellschaft. Und gibt ihm das größte Geschenk: die Möglichkeit wirkliches Wissen anzusammeln. Wissen, mit dem wir auch in der größten Not überleben könnten.

Wenn wir in der Not etwas nicht brauchen, sind das schicke Klamotten, teure Autos, Schmuck oder gar Geld. Keines davon kann man essen. Nichts davon heilt und hält nur bedingt warm. Es gibt uns auch nicht das Wissen, was man braucht, damit die Familie überlebt.